Flüchtige Identität

Bolívar Echeverría und die Kritik der kolonialen Moderne

Diskussion/Vortrag


Der ecuadorianisch-mexikanische Marxist Bolívar Echeverría (1941-2010) ist einer der einflussreichsten zeitgenössischen Gesellschaftskritiker Lateinamerikas. Werden seine zahlreichen Texte zur Politischen Ökonomie, zur Kultur und zur kapitalistischen Moderne dort wie auch im zunehmendem Maße im anglophonen Raum mit großem Interesse gelesen und rezipiert, sind seine Schriften in Deutschland weitgehend unbekannt. Und das, obwohl Echeverrías Denken stark durch sein Philosophiestudium in Berlin und seiner Nähe zum kritischen Marxismus der 68er-Bewegung geprägt wurde. Dabei bieten Echeverrías Texte – die nun zum ersten Mal ins Deutsche übertragen und in dem Sammelband Für eine alternative Moderne – Studien zu Krise, Kultur und Mestizaje von Bolívar Echeverría (Argument 2021) veröffentlicht wurden – eine neue Perspektive auf zahlreiche aktuelle Diskussionen an: So nimmt er beispielsweise das viel diskutierte Konzept der Identität kritisch auf, wenn er mit Rückgriff auf Benjamin festhält, dass diese nur «im Modus der Flüchtigkeit» existieren kann. Damit grenzt er Identität von starren, ethnopluralistischen Sichtweisen ebenso ab wie von essentialistischen Ansätzen und macht sie als kritisches Konzept fruchtbar. In Bezug auf den Prozess der Conquista – die Eroberung Lateinamerikas durch Spanien und Portugal – setzt er europäischem Rassismus und Kolonialismus die Strategie des kulturellen Mestizaje entgegen, anhand derer Widerstand gegen den materiellen und kulturellen Homogenisierungsprozess der sich in der Krise befindlichen kapitalistischen Moderne geleistet werden kann, und in der zugleich Formen einer alternativen Moderne jenseits des Kapitalismus aufscheinen. So gelingt es Echeverría, nicht nur die Kultur als Feld gesellschaftlicher Emanzipation in den Werkzeugkasten kritischer Theorie zurückzuholen, sondern auch umkämpfte  - und bis in die Linke umstrittene  - Konzepte wie «Moderne» antagonistisch zu reklamieren.

 

18. November 2021
18:00 - 20:00 Uhr

Themenbereiche
Mexiko / Mittelamerika / Kuba, Gesellschaftstheorie

Wie kann Echeverrías Ansatz zum marxistischen, dekolonialen und andere gesellschaftskritichen Perspektiven heutzutage beitragen? Welchen Stellenwert hat seine Philosophie für aktuelle Gesellschaftsdebatten?

Darüber diskutieren
die Soziologin Manuela Boatcă (Albert-Ludwigs-Universität Freiburg i. B.),
der Kulturhistoriker Jens Kastner (Akademie der bildenden Künste, Wien) und
der Philosoph Gustavo Leyva (Universidad Autónoma Metropolitana, Mexiko).

Moderation
David Graaff (Übersetzer und Mitherausgeber des Bandes – Kolumbien) und
Dr. Victor Strazzeri (Projektleiter – InkriT, e.V.,DE/  Universität Genf).

Die Veranstaltung wird auf der Plattform Zoom stattfinden
(Anmeldungen: gabrielpascansky@inkrit.org )
und wird auf der HKWM-Seite auf Facebook verfügbar sein.

 

Das Buch «Bolívar Echeverría. Für eine alternative Moderne - Studien zu Krise, Kultur und Mestizaje» erschien im Argument Verlag. Zur inhaltlichen Vorbereitung auf die Veransaltung, im Download stehen Interessierten der Essay «Die flüchtige Identität» und die Einleitung aus der deutschen Aufsatzsammlung zur Verfügung.

 

Eine Kooperation der Herausgeber des Buches mit der Rosa-Luxemburg-Stiftung.

 

Kontakt
Lotta Ramhorst
Referentin für Klima, Projektmanagerin Andenländer, Rosa-Luxemburg-Stiftung
E-Mail: lotta.ramhorst@rosalux.org
Telefon: +49 30 44310 542

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